Besser Sticken Serie 2 – Richtig Einspannen!

Weiter geht es heute mit unserer Besser Sticken Serie 2 – #2

Korrekt eingespannt ist halb gestickt

Korrekt Einspannen ist wahrscheinlich die wichtigste und schwierigste Aufgabe beim Sticken. Das richtige Vlies, die dazu passende Nadel und das richtige Garn sind hier natürlich wichtige Faktoren für eine tolle Stichqualität, aber auch wenn Du die korrekten Materialien benutzt hast und inkorrekt eingespannt hast wird Deine Ausstickung gegeben falls trotzdem nicht optimal sein.

Zum technischen Verständnis:  Wenn wir auf einem Stoff sticken addieren wir Garne zwischen den z.B. gewebten Fäden des Stoffes. Durch die Nadelpenetration und die Dicke der Garne die wir durch das Sticken dazu addieren, bewegen sich die Faser des Stoffes. Ist die Stickdatei sehr dicht entstehen schnell Falten und Blasen im Stoff. Ist der Stoff falsch eingespannt, z.B. zu eng oder ist gedehnt worden wird der Stoff nach dem wir den Rahmen entfernt haben zurückspringen und es entstehen ebenso Falten. Also die Idee dahinter ist es den Stoff immer so einzuspannen, dass dieser sich beim Sticken so wenig wie möglich bewegt und die natürliche Position der Faser durch das Einspannen nicht verschoben wird. Diese Situation erschaffen wir durch das korrekte Stabilisieren (Stickvlies) und anschließend durch eine korrekte Einspannung des Stoffes.  Wir werden das Thema korrekt Stabilisieren, also Vliesschule in weiteren Beiträgen Stück für Stück aufgreifen.

Einspannungsarten

Komplette Einspannung

In der Industrie wird alles was eingespannt werden kann eingespannt. Durch das korrekte einspannen des Stoffes kann man wie oben beschrieben die „Bewegung“ im Stoff reduzieren.

Floating

Viele, auch ich, legen oder kleben den Stoff auf das eingespannte Vlies drauf. Diese Technik heißt im englischen „Floating“, also quasi „schweben“.

Grundsätzlich ist es bei locker digitalisierten Dateien (Blackwork, Doodles etc) kein Problem den Stoff zu „floaten“ (hehe- neues Wort). Hierbei würde ich den Stoff immer mit einem Heftrahmen der Maschine am Vlies anheften. Ein guter Tipp ist es auch den zu bestickenden Stoff mit Sprühstärke ein wenig steif zu machen.

Ist die Stickdatei etwas dichter digitalisiert (Vollstick, viele Satinstiche etc) würde ich empfehlen einzuspannen. Wie man das korrekt macht erkläre ich weiter unten im Beitrag.

Wenn man z.B. Kragen oder Manschetten besticken möchte geht es natürlich nicht anders als das Stickgut im Rahmen anzukleben. Hierbei hat man aber in der Regel immer mindestens 2 Lagen Stoff. In dieser Konstellation bewegt sich der Stoff weniger.

Dickere Stoffe wie Leder, Kunstleder, Kork, Jeans, Wachstuch kann man durchaus „floaten“. Da wo es geht sollte man aber einen Heftrahmen benutzen und bei dichten Designs lieber kein Klebevlies nehmen (ist dünn und instabil) sondern abreißbares oder abschneidbares Vlies mithilfe von Sprühkleber und/oder Kreppband anwenden.

Einspannungstechnik

Finde eine flache Fläche zum Einspannen. Der Rahmen sollte flachliegen, damit Du beide Hände frei hast um korrekt zu arbeiten. Rutscht der Rahmen auf dem Tisch so kannst Du ein Stück Filz o.ä. unterlegen. Spanne nicht in der Luft oder auf einem Berg Stoff der auf dem Tisch liegt. J

Sticke immer in dem kleinstmöglichen Stickrahmen für das jeweilige Muster.

Warum? Wenn Du viel zu viel Stoff in den Rahmen um das Motiv herum hast, bewegt sich der Stoff zwangsläufig mehr.

Wenn Du z.B. nur einen großen Stickrahmen hast, spanne ein wie unten beschrieben und benutze zusätzlich einen Heftrahmen der Maschine.

Warum? Der Heftrahmen minimiert die Bewegung des Stoffes.

Wenn Du eine komplexe Stickdatei hast (Dicht und groß) und den kleinstmöglichen Stickrahmen verwendest spanne wie unten beschrieben und benutze trotzdem einen Heftrahmen als extra Sicherung.

In diesem Bild kannst Du sehen was mir beim Sticken des Musters passiert ist. Ich habe hier auf dickeren Stoff gestickt und eingespannt, weil die Stickerei sehr groß und extrem dicht ist. Sie wurde auch nicht von innen nach außen digitalisiert, deshalb wusste ich, dass viel Bewegung im Stoff entstehen würde. Da die Stickdatei über 2 Stunden läuft und der Stoff teuer gewesen ist, wollte ich nichts riskieren. Ich habe aber keinen Heftrahmen und nur eine Lage Reißvlies benutzt. Wie Du siehst, passiert es auch mal bei mir dass etwas nicht so klappt. Hier liegt das Problem eher an der Stickdatei, ich würde jedoch behaupten, dass der minimale Verzug mit einem Heftrahmen und Schneidevlies kein Problem mehr wäre.

Stickrahmen vorspannen

Wenn wir einspannen sollte das Stickgut inklusive Stickvlies mit leichtem bis mittleren Druck in den Rahmen eingedrückt werden. Ist der Rahmen zu eng eingestellt wird möglicherweise das Vlies reißen und durch das feste reindrücken wird der Stoff gedehnt.

Also probiere es Deinen Stoff und das Vlies einzuspannen. Wenn Du viel zu stark drücken musst ist die Rahmenspannung zu hoch. Lockere die Spannung bis Du mit einem leichten bis mittleren Druck das Stickgut reindrücken kannst.

Anschließend kannst Du den Rahmen zum Rand des Tisches schieben und gegeben falls ein kleines bischen fester zuschrauben. Das ist aber meistens nicht notwendig, vorausgesetzt dass Du korrekt vorgespannt hast. Das festere zuschrauben ist in vielen Fällen eher kontraproduktiv, denn so kannst Du zu fest zuschrauben,  wobei der Stoff gedehnt wird und permanente Abdrücke, der sogenannte Hoop Burn, entstehen.

Rahmen versenken

Eine zusätzliche Spannung bekommst Du beim Einspannen durch das versenken des inneren Rahmens. Ziehe nie an deinem Stoff, denn Du wirst ihn dadurch dehnen. Wenn Du nach dem Einspannen Falten oder Beulen im Stoff hast, hast Du nicht korrekt eingespannt.

Hier solltest Du lieber komplett neu einspannen.

Das ist bei den meisten Stickrahmen möglich. Dazu schiebst Du den inneren Rahmen etwa 1 bis 2 mm nach hinten.

Teste es mal: Spanne zuerst wie oben beschrieben und klopfe mit dem Finger auf den Stoff. Du wirst einen Art „Trommelgeräusch“ hören. Jetzt versenke den Rahmen und trommle wieder. Das Geräusch klingt noch mehr nach einer Trommel. Das nennt man „Trommelfest einspannen“. Dies ist übrigens auch der Fall, wenn Du nur Stickvlies einspannst. Teste es mal!

Stecknadeln Trick

Hast Du einen heiklen Stoff oder Design und möchtest die Bewegung des Stoffes um jeden Preis reduzieren? Befolge die Tipps die ich bereits erwähnt habe und stecke entlang dem Rahmen wie es im Bild zu sehen ist einige Stecknadeln. Wenn sich das Vlies (sehr hilfreich wenn Du Freestanding Lace stickst) oder das Eingespannte beim Sticken trotzdem bewegt, wird es durch die Stecknadeln zusätzlich gebremst.

Hoop Burn

„Hoop Burn“ nennt man die Abdrücke die man oft im Stoff nach dem Entfernen der Stickrahmen hat. Das passiert sehr häufig bei dehnbaren und hoch florigen Stoffen. Sind diese Abdrücke leicht, lassen sie sich mit ein wenig Dampf wegbügeln. Sind sie aber sehr stark kann es sein, dass sie auch durchs Bügeln und Waschen nicht mehr weggehen.

Warum passiert es? Ganz einfach, weil hier die Fasern des Stoffes plattgedrückt oder geknickt werden und sich so legen, dass sie nicht mehr „aufstehen“ können. Das kennt Ihr bestimmt von Bettwäsche oder Meterware, dass sehr lange im Schrank gelegen ist- dort ist es manchmal unmöglich die Falten heraus zu bügeln.

Bei Samt und Velour bekommt man solche Abdrücke nie raus! Also diese Materialien bitte nie einspannen, sondern „floaten“.

Einlagen gegen „Hoop Burn“

Um den Hoop Burn besonderes bei dehnbaren Materialien zu vermeiden kann man sich solche Einlagen basteln.

Dazu legt man den inneren Rahmen auf einem Stück 1mm Filz oder Thermolam und zeichnet die innere Umrandung nach.

Anschließend schneidet man ein Fenster etwa 1 cm kleiner, als die vorher gezeichneten Line aus und spannt diese Einlage (obenliegend) mit dem Stoff ein.

Große Rahmen bespannen

Diese Einlagen sind auch sehr gut geeignet, wenn man nur das Stickvlies einspannt. Sicher habt Ihr schon mal gemerkt, dass, wenn man große Rahmen z.B. 20×30 cm bespannt, dass das Vlies mittig hängt oder gar eine Beule bildet.

Das ist natürlich nicht so toll, weil wir so keine trommelfeste Bespannung erzielen können. Mit der Einlage klappt es einwandfrei und man hat dadurch viel bessere Stickresultate.

Stickerei perfekt positionieren

Hier ist der Punkt wo Ihr nicht drum herum kommt und Eure Bedienungsanleitung herausholen müsst. Darin wird Positionierung für Eure Maschine im Detail beschrieben. Viele Hersteller haben auch gute Videos dazu!

Das Positionieren ist viel einfacher als man denkt!

Komplette Einspannung

Als erstes drucke Dir die PDF Vorlage, die bei jeder gute Stickdatei dabei sein sollte, aus. Auf der Vorlage befindet sich ein Kreuz- das ist die Mitte der Stickerei.

Mache Dir in der Mitte und an den Enden der Linien des Kreises kleine Löcher mit einer Ahle.

Markiere diese Punkte auf dem Stoff und zeichne das Kreuz mit einem Lineal nach.

Lege Dein Vlies, dann den Stoff aufeinander und darauf das innere Teil des Stickrahmens mit der Schablone des Stickrahmens. Dein Stickrahmen ist vorgespannt! Justiere den inneren Rahmen mit der Schablone so dass die Linien aufeinanderliegen. Greife das Ganze und schiebe/ spanne es in den unteren Rahmen ein. Dieser Vorgang braucht ein klein wenig Übung, ist aber wirklich nicht schwer.

Floating

Spanne Dein Stickvlies ein und markiere das mittlere Kreuz mithilfe der mitgelieferten Schablone.

Markiere die Position der Stickerei auf dem Stoff wie schon oben beschrieben. Sprühe ganz wenig Sprühkleber auf das Vlies und stecke einen flachen Reißzweck durch die Mitte im Vlies, dabei liegt Dein Rahmen flach auf dem Tisch.

Jetzt stecke den Mittelpunkt des Stoffes auf den Reißzweck und richte die Markierungen auf einander aus. Passt alles? Dann kannst Du den Stoff andrücken damit er klebt. Benutze, wenn möglich zusätzlich einen Heftrahmen.

Ich hoffe dass Ihr hier einiges gelernt habt und freue mich auf den nächsten Beitrag zur Besser Sticken Serie. Hier könnt Ihr den ersten Beitrag zur Besser Sticken Serie 2 noch einmal nachlesen.

Bis dahin!

2 Kommentare

  1. Vielen lieben Dank, ist wirklich toll erklärt. Habe mir die Seite direkt abgespeichert, damit ich immer drauf zugreifen kann. Super!!!

  2. Vielen lieben Dank, ich bin jetzt ein wenig schlauer!! Danke ❤

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