Vor einer Weile hatten wir Euch schon auf unseren Facebook und Instagram Kanälen erzählt, dass wir eine neue Kollektion aus Webstoff planen. Bei unseren letzten Designs auf Webstoff, z. B. Der kleine Maulwurf – Blumengruß, haben wir oft von Euch gehört, dass ihr Respekt und auch ein kleines bisschen Angst vor Webstoff habt. Das müsst ihr überhaupt nicht, denn Webstoffe lassen sich toll vernähen und es macht riesig Spaß mit ihnen zu arbeiten. Und damit ihr uns das glaubt und auch Eure Angst vor diesem Material verliert, haben wir für Euch eine Themenreihe über Webstoff geplant.
Heute starten wir unsere Themenreihe und in den kommenden Wochen erwarten Euch jeweils Montags die verschiedensten Tutorials, Freebooks, DIY und viele bunte Ideen rund um das Vernähen von Webstoff.
Um Webstoff zu verstehen und Eurem Nähherz näher zu bringen, fangen wir heute mit ein paar Basisinformationen zum Thema an! Sozusagen ein Infobeitrag rund um Webstoff: Was ist Webstoff? Wie vernähe ich ihn? Was ist zu beachten?
Schnappt Euch einen Tee oder Kaffee oder doch lieber ein kaltes Getränk und begleitet uns in die Welt der Webstoffe!
Woraus besteht eigentlich Webstoff?
Irrtümlicherweise wird Webstoff auch oft mit „Baumwolle“ bezeichnet. „Heute habe ich eine Pumphose aus Baumwolle genäht“, haben wir schon des Öfteren irgendwo gelesen. Das ist allerdings nur recht wenig präzise formuliert. Denn mit der Aussage, man habe eine Pumphose aus Baumwolle genäht, kann genauso gut Jersey, Sweat, Jaquard o.ä. gemeint sein.
„Baumwolle“ ist eine Faser, aus der Stoff hergestellt wird. Webstoff bezeichnet die Herstellungsart des Stoffes. So wird aus dieser z. B. Baumwollgarn gewebt. Jersey hingegen gestrickt.
Webstoff kann aus vielen unterschiedlichen Materialen bestehen. Aus Naturfasern wie Baumwolle, Leinen, Seide oder Viskose aber natürlich auch aus Kunstfasern wie z.B. Polyester.
Das lässt uns direkt zur nächsten Frage kommen:
Was zählt alles zu Webstoffen?
Webstoff ist nicht gleich Webstoff. Je nach verwendetem Rohstoff, Garnstärke oder der Art der Bindung (Webung) ergeben sich zahlreiche Varianten dieser Stoffart.
Die gängigsten Varianten sind beispielsweise die Klassiker feine Popeline, Viskosewebstoff, ganz aktuell auch Musselin, feiner Batist , Satin, Voile, Chambray, Vichy Karo und Chiffon.
Oder aber für den Winter fest gewebte Popeline, Cord in zahlreichen Varianten, Denim, Loden, Twill oder Samt und auch unser geliebter Canvas. Letzteren habt ihr bei uns ja auch schon kennengelernt.
Wie wird Webstoff hergestellt?
Hier ist der Name sozusagen Programm. Ihr kennt sicher noch diese kleinen Handwebrahmen aus dem Handarbeitsunterricht. Durch welchen wir mit kleinen Holzschiffchen dicke Wollfäden gewebt haben, um zu Muttertag einen tollen handgewebten Tischläufer an die Mama zu verschenken. Ungefähr genau so – nur in gaaaaaanz groß – müsst ihr Euch die Webstoffproduktion vorstellen.
In einem überdimensionalen Webrahmen befinden sich auch bei der Webstoffproduktion Kettfäden (senkrechte Fäden) und Schussfäden die waagrecht durch die Kettfäden gearbeitet werden und sich so miteinander verbinden damit ein Stoffstück überhaupt entstehen kann.
Die äusseren beiden Kettfäden in einem Webrahmen bleiben immer konstant fest. Das ergibt dann die sog. Webkante, welche meist etwas fester gewebt ist als der restliche Stoff. Ebenso wird die Webkante beim Vernähen nicht mitverwendet sondern abgeschnitten.
Parallel zu diesen Webkanten befindet sich immer der Fadenlauf.
Meist wird Webstoff weiß gewebt und im Anschluss erst mit dem dementsprechenden Muster bedruckt. Daher ergibt sich die linke „unschöne“ Stoffseite.
Es gibt allerdings Ausnahmen. Beispielsweise bei Vichy Karo, Hahnentritt, oder auch Pepita Muster wird von vornherein mit 2 (oder mehreren) Garnfarben gewebt. Dadurch gibt es bei diesen Stoffen keine linke Stoffseite (aus der Perspektive des Webens betrachtet).
Und wofür verwenden wir nun Webstoff?
Webstoff lässt sich unglaublich vielfältig verwenden. Eigentlich für so ziemlich jedes Nähprojekt, abgesehen von körpernaher Kleidung.
Im Bekleidungsbereich lassen sich wunderbar Sommerkleider, Röcke, Hosen, Schürzen, Halstücher, Mäntel, Blusen und auch Hüte nähen.
Aber natürlich ist Webstoff noch für zahlreiche andere Projekte zu verwenden. z.B. fürs Taschennähen. Oder für ein Portemonnaie. Ebook-Reader, Smartphone- oder Tablet Hülle, Buch- oder Kalenderhüllen, Stricknadel- oder Stifterollen, Kissen, Körbchen, Dekoartikel.
Ebenso aber auch für Vorhänge, Tischdecken, Polsterbezüge, Wandbehänge, Bettwäsche, Wickeltischauflagen, und Nestchen.
Ein weiteres Einsatzgebiet des Webstoffes ist das Patchwork.
Ihr seht, beim Einsatz von Webstoff stehen Euch alle Türen offen. Hättest Du gedacht, das dieses Material so vielseitig einsetzbar ist?
Welche Eigenschaften weist der Webstoff auf, und was ist beim Vernähen zu beachten?
Durch die Herstellungsart des Webens ist Webstoff nicht elastisch. Das heißt konkret, dass Du ihn nicht für körpernahe Kleidung wie z.B. Babybodys, Leggings oder enge Tops verwenden kannst.
Die Kanten des Stoffes fransen leicht aus. Deswegen ist es unerlässlich, die Kanten des zugeschnittenen Stoffteiles zu versäubern. Das bedeutet, dass man INNERHALB der Nahtzugabe mit einem ZickzackStich einmal das Schnittteil umnäht. Wer eine Overlockmaschine besitzt, kann natürlich auch diese zum Versäubern verwenden.
Vielleicht fragst Du dich nun, ob man sich diesen lästigen Arbeitsschritt nicht sparen kann – schließlich ist die Nähzeit oftmals viel zu knapp. Hierzu müssen wir Dir leider ein ganz klares NEIN geben.
Nicht nur, dass sich unschöne kleine Fadenreste überall auf der Kleidung und in der Wohnung verteilen, viel mehr ist das Problem, dass sich mit der Zeit so auch Nähte auflösen. Durch das Waschen und Tragen bzw. Nutzen eines fertigen Nähstückes reibt sich der Webstoff und trennt immer weiter und weiter auf. Bis er irgendwann an der Naht angekommen ist. Dann ist es leider schon zu spät und Dein genähtes Stück lässt sich nur noch schwer retten.
Ob Du mit Deinem Zickzackstich direkt auf dem Stoff nähst oder die Nadel einmal überstechen lässt, ist Dir selbst überlassen. Wichtig ist nur, dass dies immer innerhalb der Nahtzugabe geschieht.
Wichtig ist, dass der Stoff immer im Fadenlauf zugeschnitten wird. Das macht ihn robust und widerstandsfähig. Lediglich in einigen Ausnahmesitutionen kann es sein, dass der Fadenlauf im Schnittmuster schräg eingezeichnet ist. Das findet man vor allem in der Damenkonfektion zum Beispiel bei Ärmeln einer Bluse. Nehmt Euch doch einfach mal ein kleines Stück Webstoff zur Hand und legt es vor Euch hin. Wenn ihr es waagrecht oder senkrecht zu Dehnen versucht, werdet ihr nicht viel Erfolg haben. Jetzt nehmt die zwei Ecken die diagonal zueinander liegen und zieht daran. Der Stoff ist leicht dehnbar. Daher wird z. B. ein Blusenärmel leicht im schrägen Fadenlauf geschnitten, da das fertige Kleidungsstück so komfortabler zu tragen ist.
Generell sollte der Stoff vor dem Verarbeiten vorgewaschen werden. Das gilt aber eigentlich für jeden Stoff nicht wahr?
Warum das sinnvoll ist? Ganz einfach. Stoffe – gerade die mit hohem Baumwollanteil oder aus reiner Naturfaser laufen bis zu 5% ein. Im schlimmsten Fall macht das bei einem Kleidungsstück eine komplette Konfektionsgröße aus wenn Du nicht vorgewaschenen Stoff für Dein Nähprojekt verwendest. Desweiteren ist es so, dasss es ja auch Näharbeiten gibt, die aus unterschiedlichen Stoffen bzw. Materialen gefertigt sind. Diese können aber völlig unterschiedlich einlaufen. Zum Beispiel der Taschenboden um 5%, die Klappe um 3%, Taschenkörper kaum. Könnt ihr Euch vorstellen, wie Euer Nähstück dann aus der Wäsche kommt?
Deshalb immer daran denken, Stoff vor dem Verarbeiten ab in die Wäsche!
Welche Nadeln und welches Garn sollten für Webstoff genutzt werden?
Zum Vernähen eignet sich am bBesten eine Universalnadel. Diese gibt es in verschiedenen Stärken. Die gängigen Größen sind 70(fein) bis 110(dick). Entweder sortiert oder als Kombipackung erhältlich. Je feiner ein Material ist, desto feiner sollte natürlich auch die gewählte Nadelstärke sein.
Natürlich gibt es auch zahlreiche „Spezialnadeln“ … wie beispielsweise die Jeansnadel die speziell für das Nähen mit Denim entwickelt wurde. Die Erfahrung zeigt aber, das auch eine etwas stärkere Universalnadel – z.B. Stärke 90 – 110 – bestens zum Jeansnähen geeignet ist.
Die Universalnadel hat eine spitze Spitze. Die sich ganz filigran durch den Stoff sticht. Wenn ihr die Nadel in Eure Fingerspitze stecht, werdet ihr einen deutlichen Unterschied zur Ballpoint-Spitze der Jerseynadel spüren. Habt ihr es schon mal ausprobiert?
Als Nähgarn bietet sich am besten Universal-Polyester Nähgarn an. Dieses ist robuster und reißfester als Baumwollgarn. Wie zum Beispiel Gütermann Allesnäher, den ihr in vielen Farben bei uns im Shop findet.
Seid mutig – Nähen ist soviel mehr als nur Jersey zu verarbeiten. Mit Webstoff kann man unglaublich kreativ arbeiten, da der Verwendungszweck so vielseitig ist. Er lässt sich ebenfalls bestens besticken, beplotten oder darauf applizieren … aber dazu kommen wir noch!
Die Sache mit dem Versäubern ist nichts Neues für mich. Bisher habe ich es jedoch immer einzeln gemacht (zusammengenäht und dann versäubert). Aber eigentlich müsste es doch mit einem Overlockstich (keine Overlockmaschine) auch ohne zusätzliches versäubern gehen? Der Stich hat ja einen Geradstich und Zickzackstich in einem….
Liebe Jana,
unsere Empfehlung ist trotz Versäuberung mit der Overlock eine Sicherheitsnaht (sprich auch das Zusammennähen der einzelnen Teile) mit der Nähmaschine zu machen. Damit haben wir die besten Erfahrungen gemacht.
LG Sandra
Vielen Dank für diese Themenreihe. Auch ich wage mich gerade erst an gewebte Stoffe heran und habe noch sehr viel zu lernen. Und ja, dieses Versäubern ist wirklich etwas nervig, aber wie ihr geschrieben habt, ein MUSS. Ich spreche leider aus Erfahrung aufgrund von Ungeduld und Faulheit *schäm* ;-D
Ein sehr informativer Beitrag. Ich bin schon recht gespannt, was für einen Webstoff ihr demnächst anbieten werdet😊