Besser Sticken – Die Welt der Stickmaschinen – Vliese #4

Weiter geht es mit unserer Besser Sticken Serie und dem Thema Vliese!
Vliese Vliese Vliese, Vervliest und zugenäht!

Vliese, Vliese, Vliese!

Das richtige Vlies für den Job und warum man kein Küchenpapier zum Sticken benutzen sollte!

 

Skizze: Mäde by Kasia Vlies Fotos: Nähpark

Prinzipiell kann alles bestickt werden, wo die Nadel durchsticht, es ist aber immer vom Stickmuster und auch vom Stickvlies abhängig, wie gut oder wie schlecht dies funktioniert. Eine Stickdatei ist aber nicht gleich eine Stickdatei. Es gibt ganz viele schlecht digitalisierte Stickdateien da draußen, aber darüber werden wir ein anderes Mal sprechen. Ebenso werden wir in weiteren Beiträgen tiefer in den „Tango“ zwischen Vlies, Stoff, Nadel, Garn und Stickdatei eintauchen, um das Beste aus Eurer Maschine herauszuholen.

Heute geht es also zunächst ums Stickvlies !

Für jede Stickerei und für jeden Stoff muss ein Stickvlies zum Sticken verwendet werden. Denn jeder Stoff ist elastisch, normales Gewebe ist z.B. schräg im Fadenlauf. Da sich jede Stickerei in Stickrichtung zusammenzieht und auch durch das Sticken selber ja nochmals der Stoff verändert wird, muss diese Elastizität durch das Stickvlies „aufgefangen“ und der Stoff fixiert werden. Aus diesem Grund sollten auch immer spezielle Stickvliese verwendet werden, und keine Einlagen wie man sie für das Nähen verwendet, denn auch diese Einlagen sind in der Schräge elastisch.
Das Zauberwort beim Thema Stickvlies heißt „STABILITÄT“
Küchenpapier oder ähnliches ist nicht zu empfehlen, denn Erstens veredeln Stickereien Kleidungsstücke oder Taschen und ähnliches, welche auch gewaschen werden. Wenn sich hier das Material, welches zur Verstärkung verwendet wird, verklumpt, kann man sich gut vorstellen wie das Stück nach der ersten Wäsche aussehen könnte. Zweitens „fusselt“ Küchenpapier stärker und kann somit schneller die Maschine beschädigen. Manchmal lese ich, dass Babytücher zum Sticken verwendet werden. Hier muss man einfach von Gehirnbesitzer zum Gehirnbenutzer werden: Babytücher haben oft Öle und Co in sich, und das kann nicht gut für eine Maschine sein.

Richtig Einspannen ist extrem wichtig!

Nur wirklich stabil fixierte Materialien lassen sich sauber besticken. Dabei spielt die Maschine nicht eine so große Rolle, wie das richtige Einspannen und das gewählte Stickvlies.
Das Stickvlies muss größer sein als der Stickrahmen in den eingespannt wird, denn nur so kann die Fixierung auch richtig arbeiten. Man muss den Stoff  mit dem Vlies einspannen, sodass es trommelfest ist, d.h. NICHT nachgibt beim darauf trommeln mit dem Finger. Man kann auch das Vlies einpannen und den Stoff danach aufkleben. Der Stoff darf keine Falten werfen und nicht gedehnt werden. Hier kommen die unterschiedlichen Vliese ins Spiel.

Welches Vlies für welchen Job?

Es gibt gaaaanz viele Vliese zu kaufen, und hier muss ich sagen dass jeder ein wenig ausprobieren muss, um das für sich „richtige“ oder „Lieblings“-Vlies zu finden. Wir stellen Euch die gängisten Materialien im Folgenden vor:

Sticken auf gewebten Stoffen:

Bild: Mäde! by Kasia

Für normale gewebte Stoffe reicht hier in der Regel ein Stickvlies zum Ausreißen, das unter den Stoff gelegt und mit dem Stoff eingespannt wird. Dieses Vlies wird während des Stickens perforiert, und kann dann später leicht entfernt werden. Ich benutze gerne Madeira Super Strong (zum Wegschneiden – toll bei Kosmetiktaschen), Sulky Tear Easy (zum Abreissen) und Madeira Cotton stable zum Aufbügeln für fast alle Arbeiten. Man kann zur Optimierung auch hier kleben!

Sticken auf elastischen Stoffen:

Bild: Regenbogenbuntes
Bei elastischen Stoffen wie Jersey ist die Empfehlung von Nähpark, ein Stickvlies zum Wegschneiden (z.B. Madeira Super Strong) zu nehmen, da ein solches Vlies nicht perforiert wird und dadurch die höchste Stabilität gegeben ist.
Empfehlenswert ist beim Sticken auf dehbaren Stoffen immer den Jersey zu kleben oder aufzubügeln, er „bewegt“ sich auch während des Stickens auf dem Stickvlies, wenn er nicht geklebt ist. Es gibt für diesen Zweck auch selbstklebende (oder aufbügelbare) Stickvliese für die, die nicht mit Sprühzeitkleber arbeiten wollen. Es empfielt sich immer eine Lage wasserlösliches dünnes Vlies oben, es verbessert das Stickbild erheblich.
(Wer mit Sprühzeitkleber arbeitet, kann dies bedenkenlos tun, wenn er nur den zu fixierenden Stoff oder das Stickvlies dünn  besprüht, dies weit weg von der Maschine tut und darauf achtet, dass die Maschinen, (wie grundsätzlich empfohlen) regelmäßig zur Wartung gehen. Eventuelle Reste von Kleber werden bei der Wartung und dabei eingeschlossenen Reinigung der Maschine entfernt und schaden so der Maschine nicht)

Hier, eine sehr dichte, große Stickerei auf Jersey:

Quelle: regenbogenbuntes

Ein paar Beispiele nicht optimal ausgefallener Stickereien:

Bild: regenbogenbuntes

 

Bild: regenbogenbuntes

Sticken auf Frottee, Nicky, Samt, Fleece:

Bild: Mäde! by Kasia

Diese Materialien können mit allen stabilen Vliesearten wie oben beschrieben eingespannt werden.

Hier gilt jedoch dringend: Für alle Materialien, die „uneben“ sind oder auf der Oberseite einen Flor haben wie z.B. Frottee, Nicky, Samt, muss oben ein wasserlösliches Vlies aufgelegt werden, je nach Dicke des Vlies auch gerne doppelt.  Bei Handtüchern empfehle ich wasserlösliches Vlies oben und unten, damit auch die Unterseite schön bleibt und keine „Vliesreste“ zu sehen sind.
Wenn man gerne freistehende Spitzen (FSL) sticken möchte, kann man ein textiles wasserlösliches Vlies wie z.B. Avalon Plus von Madeira,Soluvlies von Freudenberg nehmen. Hier einfach nur das Vlies doppellagig stramm in den Rahmen einspannen und sticken. Diese Methode funktioniert jedoch auch sehr gut mit Avalon Ultra FOLIE und ist eine Empfehlung von Nette.
Ist diese NICHT vorhanden, können auch mehrere Lagen anders wasserlösliches Vlies die nötige Stabilität geben !
Bild: Mäde! by Kasia
Bild: Mäde! by Kasia

Sticken auf Leder, Filz usw.:

Für alle Materialien, die zu dick (Leder, Filz, Wachstuch) oder zu klein (z.B. Kragen) zum Einspannen sind, kann man die selbstklebenden Vliese benutzen. Diese sind einfach in der Verarbeitung: einfach mit der Papierseite nach oben in den Rahmen einspannen. Anschließend wird das Papier abgezogen und der zu bestickende Stoff wird einfach aufgeklebt, evtl. mit einem Heftrahmen (dazu gleich mehr) fixiert, und schon kann man los sticken.
Das geht natürlich auch mit stabilem Aussreissvlies und Sprühkleber.
Ein absoluter Geheimtipp (breites Grinsen) ist es, Malerkrepp zu benutzen. Diese Methode funktioniert sehr gut bei etwas dickeren Materialien – wie Leder oder Filz. Hierzu wird ein stabiles Vlies eingespannt , und das zu bestickende Stück Material an den Ecken mit Kreppband auf dem Vlies fixiert. Ich benutze diese Methode auch sehr gerne bei ITH (In The Hoop) Projekten, um die Stoffe auf der Rückseite des Stickrahmens zu fixieren.
Last but not least kann man bei einigen Materialien einen Heftrahmen benutzen. Viele der neueren Maschinen haben eine solche Funktion eingebaut. Dieser kann vor dem Sticken in der Maschine aktiviert werden. Ein Heftrahmen ist nichts anderes als ein Rahmen (also ein Quadrat bzw. Rechteck), bestehend aus langen Heftstichen. Dieser wird vor dem Sticken des Musters „gestickt“, und fixiert und stabilisiert damit den Stoff auf dem Stickvlies. Nach dem Sticken werden die Heftstiche entfernt. Diese Methode ist für Leder, Jersey (wegen Löcher), Wachstuch oder andere Materialien wo man keine Nadellöcher/Perforationen haben möchte oder sollte nicht geeignet.
Wessen Maschine keinen solchen Heftrahmen bietet, hier ein Freebie: Heftrahmen für 10 x 10 und 13 x 18. Diese könnt Ihr Euch nach Belieben vergrössern oder verkleinern.

Tipp von Kasia:

Ich benutze diese Vliese und Hilfsmittel und bringe meine Maschine ebenso jede 18 Monate zum Service.
Freistehende Stickereien: Soluweb
Schwer zu einspannende Stoffe: MadeiraSuper StrongSulky Tear Easy

Hilfsmittel: Malerkrepp und Sprühkleber (Sprühkleber mag ich persönlich nicht so sehr)

Tipp von Nette:

Ich bin Minimalist. Ich arbeite mit sehr festem Ausreissvlies und klebe dort mit Sprühkleber fast alles fest, ohne es einzuspannen. Nur sehr dichte Stickereien auf dünnen oder elastischen Stoffen werden bei mir mit eingespannt, dann aber auch vorher mit Kleber fixiert.
Für großflächige Stickereien auf dehnbaren Stoffen habe ich ein abschneidbares Vlies.
Zusätzlich verwende ich bei dehnbaren und unebenen Stoffen immer dünnes wasserlösliches Vlieszum oben auflegen und eine Stickfolie für freestanding Lace Stickereien. Mehr besitze ich nicht!
Ich sticke so seit fünf Jahren und meine Maschine hat keinen Schaden genommen, sie wird bei der Wartung ca. alle 18 Monate sowieso gereinigt.
Erfahrung ist der Schlüssel zum Erfolg!
Das Wichtigste bleibt:
Der Stoff darf sich beim Sticken NICHT auf dem Vlies bewegen und das Vlies muß trommelfest eingespannt sein !
So das wars zum Thema Vliese und die Welt der Stickmaschinen. Herzlichen Dank an das Maschinen-Spezialisten-Team vom
NähPark

Nette von Regenbogenbuntes

http://regenbogenbuntes.blogspot.de/
und Kasia von Mäde! by Kasia
http://www.madebykasia.com/

Bis dahin getreu nach unserem neuen Motto…

Liest Du noch oder Stickst Du schon 

Alles Liebe